Wie bereits im ersten Artikel über den Jaguar XJR erwähnt, ist der S55 Kompressor AMG genaugenommen das erste Projekt gewesen, über das aus genannten Gründen nicht berichtet wurde. Vorenthalten wollen wir es aber nicht. Deshalb rückblickend jetzt die Geschichte und Erlebnisse mit dem Mercedes-Benz S55 Kompressor AMG.
So sah der S55 Kompressor nicht immer aus. Bis dahin war es ein langer Weg, mit vielen Hindernissen und noch mehr Ärgernissen.
Gefunden habe ich den S55 Kompressor AMG in Sachsen im Grenzgebiet zu Tschechien. Auf den Fotos sah das Auto ganz ordentlich aus. Besonders interessant macht ihn, trotz der 194093 Kilometer auf dem Tacho, die Ausstattung und die Tatsache, dass es sich um einen der nur 469 Mal gebauten W220 S55 Kompressor, also die Version mit kurzem Radstand handelte. (Vom V220 S55 Kompressor, der Version mit langem Radstand wurden über 7000 Stück gebaut). Nach einem Telefonat mit dem Verkäufer habe ich den Spediteur beauftragt, das Fahrzeug abzuholen.
Die Ausstattung des S55 Kompressor AMG kann als durchaus ungewöhnlich bezeichnet werden. Angefangen vom 2-farbigen Leder (Alpacca hell/anthrazit) über das Holz Esche schwarz, der voll belegten Rückbank, die nicht nur heiz- und kühlbar ist sondern auch elektrisch verstellbar ist und über ein zusätzliches Telefon in der Mittelarmlehne verfügt. Bei einer Version mit langem Radstand nicht außergewöhnlich, bei einer mit kurzem, dem typischen Selbstfahrer, aber durchaus. Dazu kommt ein Fondentertainment-System, dessen Bildschirme in der Rückseite der vorderen Kopfschützen eingebaut wurden und nicht wie üblich beim W/V220 über einen zentralen Monitor verfügt, der an der Mittelkonole befestigt ist. Jemand hatte sich bei der Bestellung des Fahrzeug im Jahr 2002 richtig ausgetobt und außer der Distronic alles geordert, was die Aufpreisliste hergab. Warum das so war, sollte sich bald klären.
Die Innenausstattung vor der Reinigung. Der Fahrersitz präsentierte sich ziemlich verdreckt.
Als der S55 Kompressor im Mitte Januar 2022 kam, stand er auf den 18 Zoll AMG Serienfelgen mit Winterreifen deren DOT-Nummer fast schon historisch war. Ein Blick in das Datenblatt offenbarte, dass dies nicht originale Bereifung des S55 Kompressor war. Ausgeliefert wurde er den seltenen mehrteiligen AMG Styling III Felgen in 19 Zoll, die irgendwann augenscheinlich verloren gegangen waren. Das Datenblatt offenbarte aber noch etwas anderes: Bei dem Fahrzeug handelt es sich um ein ehemaliges Ausstellungsfahrzeug. Das erklärte die lange Liste der Sonderausstattungen. Apropos Sonderausstattungen, erstaunlicherweise lagen die Kopfhörer des Fondentertainment im Kofferraum. Die Bordmappe war auch, bis auf das fehlende Serviceheft noch komplett.
Ein erster schneller Rundgang um das Fahrzeug offenbarte ein kleine Roststelle an der rechten Fondtüre, an der bereits der Lack abplatze, jede Menge Steinschläge auf der Motorhaube und fehlende Gummidichtungen an den Zierstäben der Türen (Typische W/V220 Schwachstelle). Ansonsten machte das Fahrzeug einen recht ordentlichen Eindruck. Er stand auch nach Tagen noch gerade und sank nicht ab, was auf ein intaktes ABC-Fahrwerk schließen ließ und er hinterließ keine Ölflecken auf dem Hallenboden. Auch im Kombiinstrument tauchten keine Störungen auf. Als ärgerlich erwies bei genauerem Hinsehen die kleine Roststelle und der Lackabplatzer an der hinteren rechten Türe. Grund für beides war eine ordentliche Delle im unteren Drittel der Türe, die zugespachtelt und dann überlackiert wurde. Da es für die Baureihe 220 mehr als genug gute gebrauchte Türen auf dem Markt gibt, entschieden wir sie einfach auszutauschen und zusammen mit der Motorhaube lackieren zu lassen. Für eine genauere Untersuchung des Fahrzeugs war es aber an jenen Tagen im Januar zu kalt und deshalb wurde eine genaue Inspektion auf etwas angenehmere Temperaturen verschoben.
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