Als im September 2001 der SL 55 AMG der Baureihe R230 vorgestellt wurde, war er mit 476 PS, und einem maximalen Drehmoment von 700 Nm einer der stärksten Sportwagen seiner Zeit. Bei einem Test der Zeitschrift Auto, Motor und Sport erreichte er Tempo 300 sogar schneller als ein Lamborghini Murceèlago. Damals mehr als ein Ausrufezeichen an die etablierten Supersportwagen. Das und die Tatsache, dass in einem Mercedes-Benz SL die Klassikergene quasi ab Werk verbaut sind, lässt uns der Frage nachgehen, ob der SL 55 AMG in die großen Fußstapfen seiner Vorfahren treten kann.
Von den normalen SL-Varianten unterscheidet sich der SL 55 AMG äußerlich durch anders geformte Stoßfänger, Seitenschweller, speziellen 18 Zoll Vielspeichenfelgen, einer 4-Rohr Auspuffanlage, dem Schriftzug “V8 Kompressor” oberhalb der Kiemen an den vorderen Kotflügeln und abgedunkelten Heckleuchten. Im Innenraum erwarten enger geschnittene Integralsitze und mit hellen Ziffernblättern unterlegte Instrumente den Fahrer. Im Mai 2002 musste die Leistung des SL 55 AMG auf 500 PS korrigiert werden, da die Motoren stark nach oben streuten.
Anders als andere Supersportwagen der damaligen Zeit, ist der SL kein kompromissloser harter Renner, sondern ein hoch komfortabler GT. Dazu trägt besonders sein ABC-Fahrwerk (Active Body Control) bei. Bei diesem System handelt es um ein hydraulisch geregeltes Fahrwerk, welches das Fahrwerk optimal auf die Beschaffenheit der Fahrbahn einstellt. Dabei kann der Fahrer zwischen verschieden Modi wählen. In der Sport-Einstellung wird das Fahrwerk härter, ohne eine übertriebene Härte an den Tag zulegen. Ein weiterer Pluspunkt des ABC-Fahrwerk ist, dass der SL 55 AMG ohne merkliche Seitenneigung Kurven durchfährt. Ermöglicht wird das durch die Wank Stabilisierung des Systems.
Eine weitere Besonderheit des SL 55 AMG ist sein faltbares Stahldach. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die stets über ein Softtop und ein Hardtop für den Wintereinsatz verfügten, trägt der SL 55 AMG sein Hardtop immer mit sich. Das Dach öffnet oder schließt sich bei Bedarf in 27 Sekunden. So ist der SL 55 AMG stets Roadster und Coupé zugleich. Erwähnung finden sollte auch das Bremssystem des SL 55 AMG. Die SBC-Bremse (Sensoric Brake Control) ist eine elektrohydraulische Bremse, bei der das Bremspedal keinen physikalischen Kontakt zum Hauptbremszylinder hat, sondern seine Signale elektronisch übermittelt (Brake-by-Wire. Zu den Pluspunkten des Systems zählt die schnellere Übermittlung des Bremswunsch. Zu dem ist das System bei Nässe in der Lage die Bremse durch sporadisches Anlegen der Bremsbeläge auf die Scheibe trocken zu halten und somit auch bei Nässe eine optimale Verzögerung zu gewährleisten.
Der SL 55 AMG war das Hightech-Auto der beginnenden 2000er Jahre. Alles zu dieser Zeit technisch Machbare war in diesem Fahrzeug verbaut. Die Kombination mit einem Motor, dessen Leistungscharakteristik sich am besten mit dem Ausdruck Urgewalt beschreiben lässt, macht den SL 55 AMG bis heute zu einem faszinierenden Automobil. Ohne Frage hat der SL 55 AMG alles was einen Klassiker von morgen ausmacht. Noch sind die Preise für gute Fahrzeuge mit geringer Laufleistung und durchgängiger Wartungshistorie auf einem mehr als vertretbaren Niveau.
Fotos Daimler AG