Weihnachtsspecial 2023: Generation Hot Hatch (Teil 1)

Für unser mehrteiliges Weihnachts-Special verlassen wir unser gewohntes Terrain, die Fahrzeuge der 2000er Jahre und werfen einen Blick zurück auf die Fahrzeuge unserer wilden Jugendtage – Den Kompaktsportlern oder Hot Hatches der 1980er und 90er Jahre.

Wer in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts volljährig wurde und seinen Führerschein in den Händen hielt, der träumte mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Hot Hatch oder von einem Kompaktsportler wie sie im deutschsprachigen Raum genannt werden, auch wenn er Poster vom Lamborghini Countach, Ferrari 365 GT4 BB oder Lancia Stratos an der Wand hängen hatte. Auswahl gab es reichlich, deutsche, italienische, japanische, französische und sogar britische. Rückblickend werden die 80er und 90 Jahre als goldenes Zeitalter dieser Fahrzeugklasse betrachtet, manche glauben sogar, dass sie in dieser Zeit erfunden wurden.

Auch wir, meine Freunde und ich, blieben damals nicht von dem Virus verschont und so gaben sich diverse Kompaktsportler quasi die Klinke in die Hand.

Mein Golf GTI 16V Edition One mit Kat in Dark Burgundy Perleffekt. Ehrlich gesagt war er mir etwas zu langsam und blieb deshalb nicht allzu lange. Der Grund war sein Vorgänger, mein Renault R5 GT Turbo Phase 1 mit 2, 3 der Leistung zuträglichen kleinen Extras.

Vielleicht nicht einer der schnellsten, aber definitiv einer der coolsten Kompaktsportler jener Tage: Der Ford Fiesta XR2. Heute ist es einfacher einen Ferrari 250 GT Lusso oder einen 288 GTO zu finden als einen Ur- Fiesta XR2 in gutem, vor allem aber originalen Zustand.

Wieviel Zeit wir damals mit unseren Autos verbracht haben ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich wesentlich mehr als mit unseren Freundinnen. Denn die Fahrzeuge wurden nicht nur ausgiebigst geputzt und an der Technik rumgebastelt, es wurden auch unzählige verschiedene Radios ein- und wieder ausgebaut, immer auf der Suche nach dem besten Sound. Diverse Blaupunkt, vom Woodstock SQR 04 über die Bremen SQR 46 und 49 zum Berlin IQR88 sowie diverse Kenwoods und Alpines, bis schließlich alles perfekt war.

Doch bevor die Nostalgie überhand nimmt, zurück zum Thema. Wir werden einige dieser wilden Autos genauer vorstellen und am Ende des Artikels das sagenhafte Dutzend, die nach unserer Meinung 12 besten Kompaktsportler jener Tage küren. Doch zuerst wollen wir uns mit der Geschichte dieser Fahrzeugklasse beschäftigen, denn es fing nicht erst in den 80er Jahren an.

Gemeinhin wird der VW Golf GTI der ersten Generation als Gründervater dieser Fahrzeugklasse betrachtet. Als er 1976 auf den Markt kam war er für die breite Öffentlichkeit auch etwas ganz neues. Doch war das wirklich so? Selbst wenn man Kompaktsportler als Fahrzeug mit kompakten Abmessung ,Frontantrieb und Schrägheck mit Hecklappe definiert, ist das so nicht ganz richtig. Fast zeitgleich stellte Renault mit dem R5 Alpine ein sehr ähnliches Konzept vor. Die Franzosen pflanzten dem R5, der sonst eher mit gebremsten Temperament unterwegs war, ein 1,3 Liter Motor mit 93 PS und 5-Gang Getriebe ein. Das Fahrwerk wurde tiefer gelegt, die Frontschürze stark modifiziert und fertig war der Schreck der französischen Bourgeoisie. (Und meiner Eltern hierzulande).

Mein Renault R5 Alpine 1978, mit Cup-Fahrwerk und 93 PS – jedenfalls in den Papieren.

Hebt man die Beschränkung auf Frontantrieb auf, wird man in diesen Tagen unwillkürlich auf den Opel Kadett C GT/E stoßen mit zuerst 105 und später 115 PS, der bereits 1975 vorgestellt wurde, nur mit Heckantrieb statt mit Frontantrieb wie Golf oder R5. Auch der direkte Konkurrent des Kadett der Ford Escort war in seinen beiden ersten Generationen in einer flotten Version mit 115 PS erhältlich, dem RS 2000.

Opel Kadett GT/E

Lässt man aber nun das Merkmal Heckklappe bei der Definition außer Acht und beschränkt sich auf starke Kompaktwagen beginnt die Geschichte noch viel früher, sehr viel früher. Genauer gesagt im Jahr 1957. In diesem Jahr brachte Carlo Abarth die erste von vielen durch ihn leistungsgesteigerte Version des Fiat Nouva 500 auf dem Markt Der Höhepunkt wurde mit dem Fiat Abarth 595 SS Berlina erreicht, der damals sagenhafte 36 PS leistete. Auch der größere Fiat 600 wurde unter Carlo Abarth flotter und gipfelte schließlich im Fiat-Abarth 1000 TC, dessen extremste Ausführungen die 100 PS Schallmauer knackten.

Fiat-Abarth 850 TC

Etwa zur gleichen Zeit, Anfang der 60er Jahre kam in England ein gewisser John Cooper auf die Idee, den braven Austin Mini flotter zu machen. Wie flott das war konnte man bei der Rallye Monte Carlo 1964 sehen. Der Mini Cooper S ist bis heute eine Legende. Nicht unterschlagen wollen wir in der Liste den Fiat 850, der 1964 bis 1973 gebaut wurde. Auch diesem Modell nahm sich Carlo Abarth an.

Doch auch in Frankreich war man nicht untätig. 1964 stellte Renault mit dem R8 Gordini eine ziemlich wilde Version des sonst so braven Renault 8 vor. Mit 86 PS und 5-Gang Getriebe war der R8 Gordini ein kleiner Wilder.

Renault R8 Gordini

Die französische Konkurrenz, namentlich Simca stellte zu Beginn der 70er den Simca 1000 Rallye 1 mit zuerst 60 PS vor und steigerte die Leistung bis zum Produktionsende 1978 auf 103 PS. Genug für 183 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit. In Deutschland wurde in diesen Jahren aus dem biederen NSU Prinz 1000 zuerst der Prinz 1000 TT , dann der TT und schließlich der wilde TTS mit 70 PS. Zu Beginn der 1970er gab es in Italien noch weitere Fahrzeuge, die man durchaus schon als Hot Hatch bezeichnen könnte, die heute aber nahezu in Vergessenheit geraten sind. Zu nennen wären hier der Autobianchi A112 Abarth, der Innocenti de Tomaso und der Alfasud Ti. Man erkennt also, schnelle Klein- oder Kompaktwagen waren keine Erfindung der 80er Jahre. ebenso keine der 70er Jahre

Autobianchi A112 Abarth

Puristen unter den Freunden der Hot Hatches oder Kompaktsportler werden nun sicher beflissen einwenden, dass hier Fahrzeuge mit Heckmotor und Heckantrieb im Stammbaum aufgeführt werden und ein Hot Hatch immer Frontmotor, Frontantrieb und ein Schrägheck mit Hecklappe hat. Ganz unrecht haben sie mit diesem Einwand auch nicht, aber wir werden sehen, wie die Grenzen des Konzepts immer weiter wurden und es Anfang der 2000er mit dem BMW 130i sogar wieder ein Hot Hatch mit Heckantrieb gab.

Während sich in den 50er und 60er Jahren die Auswahl an solchen Fahrzeugen noch stark in Grenzen hielt und auch in den 70er Jahren die Auswahl noch relativ gering war explodierte sie in den 80ern nahezu, um Anfang der 90er Jahre ihren vorläufigen Höhepunkt zu erreichen. Konnte man sich 1976 noch zwischen den Gründervätern, dem Golf I GTI, dem Opel Kadett GT/E oder Ford Escort RS2000 und dem Renault R5 Alpine entscheiden, war die Auswahl 15 Jahre später bedeutend schwieriger. Ziemlich schwierig sogar und Debatten über die Fahrzeuge wurden mit einer fast religiösen Überzeugung geführt. Ob das heute noch immer so? Lassen wir uns überraschen.

Fotos: Archiv, Stellantis, Renault, FCA Heritage

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