Ferrari 550/575M Maranello

Ich erinnere mich gut. Als 1996 der 550 Maranello auf den Markt kam und den F512 M ablöste, war ich sofort verliebt in ihn. Der erste “richtige” Ferrari dachte ich damals, seit uns der 365 GTB/4, oder Daytona wie er gerne genannt wird, 1973 verlassen hatte. Sein Nachfolger, der 575M Maranello, der 2002 den 550 ablöste, war mit seiner nur leicht modifiziert vom 550 übernommen Karosserie und dem von 5.5 Liter auf 5.75 gesteigerten V12 die perfekte Evolution.

Ferrari 550 Maranello

Auf den damals revolutionären Mittelmotor des Lamborghini Miura angesprochen soll Enzo Ferrari gesagt haben: Das Pferd zieht den Pflug, nicht der Plug das Pferd. Das war Ende der 60er Jahre. Trotzdem waren Ferraris ab den 70er Jahren vom Mittelkonzept geprägt. Mit Ausnahme des viersitzigen 400/400i/412. Mit dem Maranello wanderte der Motor wieder nach vorne. Wobei es sich nicht um einen Frontmotor im klassischen Sinne handelt, sondern um einen Front-Mittel-Motor. Bei diesem Konzept sitzt der Motor hinter der Vorderachse, aber vor der Fahrgastzelle. Dennoch zog das Pferd wieder den Plug.

Ferrari 550 Maranello
Ferrari 575M Maranello

Im Innenraum unterscheiden sich 550 und 575M hauptsächlich durch die veränderte Anordnung der Instrumente. Während beim 550 Tacho und Drehzahlmesser gleichberechtigt angeordnet waren, ist der Drehzahlmesser beim 575M dominant mittig. Auch das Design des Lenkrads erfuhr eine Auffrischung, die Mittelkonsole wurde modifiziert und die Sitzverstellung geändert. Wer bereit war 8000 € zusätzlich auszugeben, bekam die signifikanteste Veränderung, die F1-Schaltung. Schalten wie Michael Schumacher in seinem Formel 1 Ferrari war nun auch im Straßen-Ferrari möglich.

Ferrari 575M Maranello

Der Zuwachs des Hubraums von 5474 ccm auf 5748 ccm, sowie die auf 11:1 angehoben Verdichtung sorgte beim 575M für einen Zuwachs von 30 Cavalli gegenüber dem 550. Durch die Transaxle-Bauweise hatten beide die perfekte Gewichtsverteilung von 50:50. Ein Anti-Dive-System verhindert das Eintauchen beim Bremsen und die Antischlupfregelung konnte mittels eines Schalters im Armaturenträger von Normal auf Sport umgestellt werden Die Veränderung dieser Einstellung änderte das Drehmoment des Motors. Im Normal-Modus wurde es begrenzt, im Sport-Modus stand es in vollem Umfang zur Verfügung. Somit war er das erste 1. Auto dessen Antischlupfregelung vom Fahrer kontrolliert werden konnte. ESP war übrigens in keinem der beiden verfügbar. Es passte damals wohl nicht zur Philosophie der Sportwagenschmiede in Maranello

Ferrari 550 Maranello

Welchem der beiden Modelle auch der Vorzug gegeben wird ist letztlich eine Frage von Nuancen. Abgesehen davon, dass das F1-Getriebe nur im 575M erhältlich war. Der 550 ist etwas klassischer, der 575M etwas moderner. Letztlich vereint beide aber ein seltenes Talent. Sie können genauso den klassischen GT geben, wie den wilden Supersportwagen. Und das Je nach Stimmung des Fahrers. Ob klassisch in Rosso Corsa, einem dezenten Blau oder gar in unauffälligem Schwarz, beide Modelle sind noch heute eine Augenweide. Noch sind beide Modelle nicht im Himmel der Ferrari Preise angekommen. Gute Exemplare sind schon ab ca. 80.000 € zu bekommen. Die seltenen Barchetta-Versionen des 550 sind deutlich teurer, genau wie Targa-Variante des 575M mit dem Namen 575 Superamerica, der mit 540 PS mehr Leistung aufweist. Als erster Ferrari mit Frontmotor seit dem 365 GTB/4 haben die 550/575M in unseren Augen ohne Frage alles für einen Klassiker von morgen. Basta!

Fotos Ferrari

One thought on “Ferrari 550/575M Maranello

  1. Dani

    Ich hatte sie beide. Den 550 Maranello, die gediegene Diva. Und den M 575 GTC, den Macho für Hinlanger.
    Nachdem ich mich etwa 2 Jahre mit einer jährlich herausgegebenen Broschüre des Ferrari Dealers Nordwestschweiz beschäftigt hatte und dort mit der Zeit bei diversen Angeboten eines, zwei oder gar drei Kreuze (und viele Durchstreichungen) gemacht hatte, durchschnitt ich eines Tages den gordischen Knoten und betrat die heiligen Hallen.
    Ich sagte, was mich hertrieb, nämlich die Neugierde auf die Autos und ich verschwieg die Furcht, nichts zu spüren, wie ich es bei modernen Jagars und Astons wahrnahm. Frechweg fragte ich nach einer Probefahrt mit 360 Modena und 550 Maranello: den zwei Autos, die mich in den – mittlerweile von mir ziemlich zerlesenen – Broschüren des Händlers ansprachen.
    Zwei Espressi und ein Sondierungsgespräch später war ich unterwegs auf dem Beifahrersitz in einem 360 Modena in Richtung Gempen (gebirgige Strecke in der Nordwestschweiz), um mal zu sehen, was da so geht mit Mittelmotor V8 und italienischen Cavalli. Nachdem ich selber das Steuer übernahm: Toll, aber es ging mir nicht unter die Haut.
    Eine weitere Stunde verging, und vor mir grummelte der bärige V12 im 550 Maranello. Noch bevor es in die Hügel ging, wusste ich, dass ich verloren war: diese Form mit der Ausbuchtung der Motorhaube, diese Instrumente, dieser Klangteppich von tief gurgelnd bis hoch schreiend, das Drehmoment von untenraus bei einem Sportmotor, diese Spontaneität eines grossvolimigen Saugers, einfach eine Überflutung all meiner voll auf Empfang gedrehten Sinnesorgane. Ein Fest für die motorischen Sinne.
    Ein danach als Vergleich gefahrener 575 M mit der Schaltautomatik hinterliess bei mir einen synthetischen Fahreindruck: Nicht ich fahre das Auto um eine Kurve sondern das Auto fährt mich um die Kurve. Der M575 war also nix, trotz dem berühmten M für Modificato und einem Leistungszuschlag.
    Um es kurz zu machen: Ich habe den 550 Maranello 2 Wochen später übernommen, nachdem eine Versicherung gefunden war, die das Auto auch versicherte…

    Was folgte, waren grandiose Jahre voller Schmerz, Freude und Leidenschaft; nie langweilig! Das Auto kann man nicht mögen, das liebt oder hasst man. Nach einer grandiosen Dresden-Reise auf tollen neuen dreispurigen Autobahnen, auf denen die Pferde sich die Seele aus dem Leib rennen mussten war mir eines klar: ein grandioses Auto mit sehr mittelmässigen Bremsen: nach drei Gewaltbremsungen aus > 300km/h auf 80km/h war das Pedalgefühl vergleichbar mit dem Rühren in einem Topf Spaghetti.
    Der besuchte Händler wurde mit der Frage nach einem Bremsenupgrade konfrontiert und schüttelte zweifelnd den Kopf. Gleichzeitig zeigte er mir listig einen M 575 mit dem GTC Paket, das auch beeindruckende Keramikbremsen beinhaltete. Dazu ein komplett anderes Fahrwerk,, eine geänderte Getriebesteuerung, eine Sportabgasanlage mit (geprüften) Klappen, also ein ziemlich stark modifiziertes Auto…
    Meine Zweifel am synthetischen Fahrgefühl 575 M konterte er mit der Aussage: Vergiss den normalen M575, der GTC ist ein völlig anderes Auto, kein Vergleich. Ich liess mich also zu der Probefahrt breitschlagen und kam nach drei Stunden mit leuchtenden Augen zurück. Tolle Bremsen, ein geniales Fahrwerk, ein Sound zu Niederknien, ein Getriebe, das die Gänge wie ein weissrussischer Hütchenspieler wechselt, ein Auto für Hinlanger. Der Preis war erschreckend, aber das Auto auch, also habe ich zugeschlagen.

    Der M575 GTC war wieder silber wie schon der 550, gleiche Farbe, für den flüchtigen Blick einfach ein weiterer Maranello.So hat kaum jemand etwas bemerkt, dass da der Dr Jekill still verschwand und der Mr Hyde auftauchte. Das Auto fuhr ich wieder mehr als vier Jahre, bis es Investitionen in die Firma zum Opfer fiel.

    Noch heute weiss ich, wo das Auto ist und ich werde mir das Auto irgendwann wieder holen; falls da nicht ein Maserati Gran Sport in Nero Carbonio oder Grigio Nuvolari mit Voll-Leder dazwischen kommt.
    Aber das ist eine andere Geschichte…

Schreibe einen Kommentar zu Dani Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert